• Ich denke jeder empfindet das was hier als "Freiheit" tituliert wird als etwas anderes.

    In 90 Prozent der Anwendungsfälle des Wortes "Freiheit" könnte man es aber auch einfach mit dem Wort Egoismus austauschen. Freiheit ist eine Illusion genauso wie Unabhängigkeit oder Gleichheit und Gerechtigkeit, ist aber bestens dazu geeignet Menschen in den Krieg/Revolution/etc zu schicken. Oder Minderheiten/Frauen/etc zu unterdrücken. Oder Menschen dazu zu bringen selbst die einfachsten Regeln zum Pandemieschutz aus tiefster Überzeugung zu missachten.

    Ein tolles Wort ohne tieferen Sinn und deswegen supergefährlich. ^^

  • Nur ein Kommentar, ohne Wunsch nach Diskussion:

    Wenn ich hier so quer lese, wird mir Angst und Bange. Die Erziehung der Politik durch die Medien wirkt leider. Erschütternd, wie leichtfertig und mit „wohlgemeinten“ Argumenten Werte über den Haufen geworfen werden, für die unsere Großeltern und Eltern haben leiden müssen.

    Wie kann man so etwas schreiben und keine Diskussion erwarten?

    Da ist es wieder. Dieser kleine Blick von oben (oder von der Seite?).

    "Die Erziehung der Politik und Medien."

    Nein verdammt. Nicht die Politik und Medien haben mich "erzogen" so zu denken. Ich bin keine Marionette und kein Schaaf. Wenn mich die Medien erzogen haben, wer hat dich erzogen? Ich schätze auch Mal Medien nur eben andere. Kritisches Denken fängt mit Wissensbildung an, egal welches Medium. Dann muss man das Wissen hinterfragen und gelangt dann zur Wissenschaft. Zu Zahlen, Fakten und Forschung. Doch Vorsicht ein Paper oder eine Studie allein bringt noch nicht viel. Sie müssen untermauert werden mit Peer-Reviews und weiterer Forschung. Wenn man genug Wissenschaft betreibt wird man dann irgendwann zum Experten in seinem Bereich. Wenn dann so jemand ankommt und sagt wie ich mich in einer extremen Situation für Leib und Leben aller Menschen Verhalten soll, ja dann glaube ich ihm. Vor allem wenn seine Kollegen dasselbe sagen. Mir steht natürlich immer frei ihn zu hinterfragen und selber nachzulesen.

    Das ist die Wissenschaft, die unsere Lebensqualität in ein paar hundert Jahren so erhöht hat, dass es fast schon verrückt ist.

    Die Politik?

    Die Politik macht im Moment in der Pandemie eigentlich so ziemlich alles falsch.

    Meine "wohlgemeinten" Argumente sind übrigens Menschenleben. Was soll ich mit Werten wenn dafür Menschen sterben. Amerika, Brasilien und jetzt Indien zeigen was passiert. Und gerade in Brasilien und Indien sterben nicht nur über 80 jährige (die Bevölkerung ist da nämlich deutlich jünger als unsere).

    Und zu guter Letzt muss ich nicht alles wofür meine Großeltern gekämpft haben hoch schätzen. Mit Verlaub mein Großvater hatte für die Nazis und deren Werte gekämpft. War vielleicht selber einer, wer weiß das schon? Darüber hat ja keiner gesprochen. Nein Werte verändern sich. Heute müssen wir für das Leben zukünftiger Generationen kämpfen, sagt das Bundesverfassungsgericht. Das wird auch heißen dass wir unsere Werte anpassen werden müssen.

  • Freiheit macht arm und einsam, denn wirklich frei ist man nur, wenn man keinen Besitz hat (der einem ja Zwänge auferlegt) und auch keine Kontakte zu anderen Lebewesen (die einem auch Zwänge auferlegen). Die Freiheit ist in Wirklichkeit gar keine, denn sie bedeutet auch, das man dem Zwang eines Bedürfnisses nachgibt. Mal in meinen Worten wieder was von Neil Young: Du willst von zu Hause weg, weil du allein (frei) sein willst - ist es nicht lustig, wie es sich anfühlt, wenn du merkst, du bist es ?

    Und Erziehung .. die grundlegenden Dinge sind schon längst gelegt, bevor man lesen kann oder auch nur die "Medien" wahrnimmt. Das wahre Problem ist Bildung - die Menschen sollen aber gar nicht wirklich alle gebildet werden, das kapitalistische System braucht massenhaft "halbschlaue", denn die einen müssen ausgebeutet werden, die anderen schön artig konsumieren und die Kunst dabei ist, den ausgebeuteten konsumieren zu lassen. Je höher die Bildung, desto weniger wird das System funktionieren und das geht ja mal gar nicht. Unser "demokratischer Kapitalismus" ist unser Ideal (und unser Untergang).

    Die Pandemie ist auch nur eine weitere Schleife in einer endlosen Kette von Pandemien, mit der die Natur sich gegen "zuviel Mensch" zu wehren versucht. Nichts neues, was "neu" ist, ist der Grad der Information. Der hat dermaßen überhand genommen, das der Mensch damit derart überfordert ist, das er eben gar nicht mehr alles erfassen kann. Somit ist jeder nur "teilinformiert" und diese Teilinformierten schaffen ständig neue, wahllos zusammengewürfelte Teilinformationen. Selbst nützliche Informationen verblassen einfach vor diesem "Hintergrundrauschen" an Informationen, das "große ganze" ist kaum noch zu sehen, wäre aber der Maßstab, an dem sich Information messen lassen müsste, um die wichtigen und richtigen Informationen von den falschen und nutzlosen unterscheiden zu können. Das fehlt aber, es gibt kein "da müssen wir hin", nur ein "wollt ihr nicht da hin ?" von der "Führung". Sitzt irgendwie keiner mehr am Lenker, alle gucken links, recht, vorn, hinten, oben, unten aus dem Fenster und schreien: Dahin, dahin ...

    Wissen nutzt nur wenn man es anwendet. :midi36:

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    Es wurde bereits alles gesagt - nur noch nicht von jedem ;) (Karl Valentin)

  • Tja, mein Großvater war Oberdingsführer der Waffen-SS, der war nicht nur Nazi, der blieb es auch.

    Entsprechend wenig gerne lasse ich mir Dinge vorschreiben, wenn ich den Sinn nicht verstehe/keine Erklärung bekomme/keine Möglichkeit zum darüber nachdenken und Informationen sammeln habe... als die Elternvertreterin verlangte, für ihre Unterlagen die Abstrichergebnisse der Kinder zugeschickt zu bekommen, konnte ich das leider nicht mehr tun... Dabei war ich in der Tat gerade dabei, die Mail vom Gesundheitsamt freiwillig an sie weiterzuleiten. Aber die Schule hat das Ergebnis bekommen, das Gesundheitsamt hat das Ergebnis... Was soll die Elternvertreterin damit? Außer ihre Neugier zu befriedigen? Im Übrigen war der Test unspektakulär negativ, hatte also keine Konsequenzen.

    Übrigens mag ich deswegen die Abkürzung SS für Edelstahl (im anderen Kontext auch für Schwangerschaft) nicht - das ist aber wohl eine Befindlichkeit, denn wie ich gerade feststellte, wird das sogar im Lexikon so angezeigt.

  • Ja, ss hat in D einen negativen Beigeschmack, aber genau deswegen mag ich eigentlich ss für Edelstahl, denn dadurch verwässert diese unsägliche Assoziation mit Nazi's. Bin da eher so, das ich sogar bewusst manchmal Dinge mit Worten benenne, die eine schlechte "Reputation" haben, eben um diesem Wort eine andere "Note" zu verpassen. Meine klitzekleine Art von "Rebellion" :D

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    Es wurde bereits alles gesagt - nur noch nicht von jedem ;) (Karl Valentin)

  • Neulich hab ich auf dem Dachboden 'ne Kiste entdeckt *waaah* wie werde ich den diesen bekloppten Ohrwurm wieder los! Das lLied ist so schei*, dass es schon wieder lustig ist. Aber schön wir schweifen wieder ab: SS und Freiheit. Meine Rebellion gegen das Große Tabu SS&Co. ist im übrigen der Humor. Tabus sind immer reizvoll und interessant, wenn man Witze drüber reißt entkräftet man das, weil man das ins lächerliche zieht...und ja, das war traurig lächerlich, diese Krise damals. Ich habe ja immer eine große klappe und sage "mich hätten sie damals auf deutscher Seite erschossen", aber wer weiß das schon: damals hätte ich sicher nicht das Bewusstsein von heute gehabt.

    Da sind wir wieder bei der

    Erziehung

    unser Umfeld und unsere Situation erzieht uns ja größtenteils. Der Frei-Denker, denkt ja gar nicht so frei, er baut sich Gedankenkonstrukte mit seinem Umfeld, welches diese bekräftigt. Wird sein Umfeld ihm plötzlich vor der Nase wegsterben, erzieht ihn das auch in eine andere Richtung.(gut, die die ganz Hardcore sind, werden sogar noch behaupten, die Regierung hätte sie alle vergiftet)

    "große ganze"

    war nie komplett zu sehen

    Hintergrundrauschen

    ist ja ein Teil des großen und ganzen. Das große und ganze hat sich mal mehr nach dem großen und ganzen angefühlt, weil die Informationen von weniger Punkten gestreut wurden und auch das Umfeld, die "Filterblase" kleiner und lokaler war. Ja das Internet...jetzt sitzen wir hier räumlich weit voneinander getrennt und tauschen Informationen aus, die wir irgendwo aufschnappen und verarbeiten. Die "Filterblase", enthält plötzlich mehr Informationsquellen, das Umfeld wird virtuell erweitert. Mal in einfach: wo früher Familie, Freundeskreis und Arbeit war, etwas TV und Zeitung dazugekommen ist, haben wir jetzt Foren, Plattformen zu jedem Piss und Feuerstein und da wir da in unterschiedlichsten Bereichen agieren, fließen deutlich mehr und gemischtere Informationen...für manche zu viel, dass sie ihre Filterblase einfach für gewisse Informationen abschließen. Fluch und Segen. Während "damals" jemand in seinem Umfeld eine Aussage getroffen hat "die Masken sind ein Maulkorb"(ersetzbar durch was auch immer), hat das Umfeld ihn direkt umerzogen "Alter du spinnst". Heute findet er im virtuellen Umfeld Sympathisanten für seine Gedanken, die räumliche Trennung ist irrelevant geworden. Hier treffen ich ein paar mehr Dampfer, als in meinem direkten Räumlichen Umfeld. Früher hätte ich meinem Offi blind vertraut, vielleicht mal ne Messe besucht und die Zeitschrift "Damfperblatt" am Kiosk für 3DM gekauft.

    Hier sind wir deutlich freier als vorher: wir können viel freier wählen mit wem wir uns über was austauschen. Wir können hier selbst bestimmen, wo ein Großteil unserer Informationen herkommt. Ich sehe mich selber noch in Büchereien nach den passenden Büchern suchen und ich weiß selber noch, dass die Bücher irgendwann gelesen waren und kenne noch das Gefühl zu wissen "da gibt es noch mehr". Hat sich kein Schwein aus meinem Umfeld für interessiert, jetzt ist das alles ein paar Mausklicks entfernt. So kann sich jeder recht einfach bilden und jeder hat die Freiheit zu entscheiden in welche Richtung.

    Tja, mein Großvater

    war MG-Schütze an der Ostfront, er hat zu dem Krieg geschwiegen, obwohl ich immer wieder nachgebohrt habe. Erst kurz vor seinem Tod hat er komplett ausgepackt und so detailliert erzählt, dass ich förmlich seine Geschichte fast wie selbst erlebt aufnehmen konnte. "2 MGs, eines links Feld, meins rechts vom Feld. Hunderte Russenköpfe springen auf, wir drücken ab und gehen im Scherenfeuer über das Feld. Mein Kamerad stopft ständig nach, der Lauf glüht und verzieht sich nach oben. Hunderte Russenköpfe fallen und bleiben liegen, die Schreie verstummen recht schnell und es war Stille. Ich weiß nicht, wie viele ich erwischt habe und wie viele das 2. MG, sie waren alle tot." "Kugeln flogen mir über den Kopf, Granateinschläge kamen immer näher, während ich durch den Schützengraben kroch. Mit dem Klappspaten habe ich auf die leblosen Körper eingeschlagen, damit sie mich nicht doch noch erwischen, wenn ich über sie her stieg" Als die Russen mich hatten, steckten sie mich in ein Loch zu anderen und ließen uns verhungern. Sie tranken ziemlich viel *Einen Schluck für die Maschinen, einen Schluck für mich*, so kroch ich eines Nachts aus dem Loch und erstach die besoffene Wache und konnte endlich nach Hause" er ist dann zu Fuß aus dem tiefsten Osten in das tiefste Emsland geflüchtet: zu seiner damaligen Freundin: meiner Großmutter.

    Ich wusste immer, dass der Krieg existierte: erst in diesem Moment konnte ich ihn als real Wahrnehmen. Ich denke ähnlich geht es vielen mit der jetzigen Situation. Sie muss

    ein Gesicht

    bekommen. Dafür sind die Nachrichten, die zum Abendessen laufen leider zu oft zu weit weg.

    Mein Großvater war im Nachgang im übrigen kein Nazi: er war der harte Hund, den der Krieg aus ihm machte mit dem warmen, weichen Kern: das war er wirklich war. Er hat getötet um zu überleben und diese last bis kurz vor seinem Tod jedem verschwiegen und alleine getragen. Zu der SS hatte er auch ein paar Worte verloren, die mit dem Totenkopf auf der Mütze hatten wohl getötet, weil sie es für richtig hielten.

    3 Mal editiert, zuletzt von Illmix (3. Mai 2021 um 17:04)

  • Was bedeutet denn "frei denken" ? Einfach nur anders denken ? Oder eher doch abseits alles Tabus und Grenzen ? Um da weiter zu kommen, müsste man erstmal den Sprachraum definieren ;)

    Ja, das Umfeld erzieht einen zum Teil mit und wenn das komplett wegbricht, erzieht einen ein anderes Umfeld. Aber wenn man nur oft genug das Umfeld wechselt, kommt irgendwann der Punkt, an dem man merkt, das auch ein "sich selbst erziehen" notwendig ist.

    Erziehung und Bildung kann also auch von innen kommen, von Erkenntnis und daraus schlussfolgern. Bücher und Internet geben immer nur "vorgefertigtes Wissen" wieder, erst die Praxis macht aus Theorie dann Erfahrung ;) Theoretisch weiss man also alles, kann alles - praktisch sieht das ganz anders aus. Wissen nutzt eben nur, wenn man es anwendet (anwenden kann), ansonsten ist es nur eine "Blase" im Hirn ;)

    Vom Krieg hat mir mein Opa auch erzählt und das Grauen konnte man ihm dabei immer anmerken. Er war auch ein "harter Hund" und einer der wenigen, die Stalingrad überlebt haben. Schon das Leben zwischen den Kämpfen war der reine Horror, bei minus 20 Grad draußen schlafen, sein Trinken lutschen zu müssen usw. .. Dinge, die sich kaum einer vorstellen kann. Ich hab beim Bund mal 3 Tage bei minus 19 Grad draußen verbracht und weiß daher - gar nicht schön. Aber ich durfte nach 3 Tagen wieder ins warme, die waren da Monate ... Und wenn man dann durch den Wald ging, mit seinem Kameraden redete und plötzlich mitten im Gespräch dessen Gesicht wegspritze, weil ein Scharfschütze ihn erwischt hat - ich glaub, allein der mentale Schock würde viele "dahin raffen". Die blutigsten Details und den nackten Kampf ums überleben hat mein Opa immer nur angedeutet, aber ich hab immer gespürt, wie tief das Leid in ihm steckte. Auch er hat das alles sein Leben lang in sich getragen und war trotzdem ein guter Mensch mit viel tiefster menschlicher Wärme. Meine Oma ist mit 3 kleinen Kindern und nem "Bollerwagen" 1400km im Winter zu Fuss gelaufen (sie hatte kurz vor dem Emsland dann einen Platz gefunden) und ist recht hart geworden, sie hat die Greuel ganz anders verarbeitet. Und wir alle sind die Kinder dieser Generation, die soviel Leid und unvorstellbares erleben musste. Das ist nur den wenigsten wirklich bewusst.

    Wissen nutzt nur wenn man es anwendet. :midi36:

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    Es wurde bereits alles gesagt - nur noch nicht von jedem ;) (Karl Valentin)

  • "frei denken"

    Habe ich bewusst mit Interpretationsfreiraum stehen lassen, aber auch bewusst den neu definierten(ihr Säcke) Begriff "Freidenker" angeheftet ;) Über wirklich freies Denken und ob das überhaupt möglich ist, können schon alleine wir beiden ZumaFx sicherlich wieder Seiten füllen :D

    Ja, die Sache mit dem Wissen und der Weisheit. ;)

    Edit softius jetzt wollte ich gerade den PC abschalten und Essen kochen, dann kommst du noch mit interessantem Lesestoff :P

  • Ich vermute, dass hier der Freiheitsbegriff nicht sauber getrennt wurde von dem, was dann damit durch eine ganz bestimmte Zielrichtung passiert, wenn ich z.B. bei Juni lese, "in 90 Prozent der Anwendungsfälle des Wortes "Freiheit" könnte man es aber auch einfach mit dem Wort Egoismus austauschen. - oder: Freiheit ist eine Illusion".....

    oder wenn ZumaFx schreibt, "dass Freiheit arm und einsam macht und die Freiheit in Wirklichkeit gar keine ist, denn sie bedeutet auch, das man dem Zwang eines Bedürfnisses nachgibt"....

    Alle diese Definitionen von Freiheit sind mehr oder weniger in ihrer Zielrichtung trieborientiert (quasi als die geerbte Sichtweise von Freuds psychoanalytischem Menschenbild, das sich in vielen Köpfen festgesetzt hat), als ob es der Mensch in diesem Sinne nur darauf anlegt, dem Zwang seiner Bedürfnisse unbedingt folgen und diese egoistisch auch befriedigen zu müssen. Alles dreht sich hier nur noch um die Suche nach einem lustbetonten Agieren, um das Gleichgewicht seiner Triebe wiederherzustellen oder das Abstillen seiner Lust zu erreichen, was die Industrie gerne ausnützt, immer wieder neue Bedürfnise (für sie lukrativ) zu entwickeln.

    Mit diesem Menschenbild sehe ich mich aber in dieser "Triebhydraulik" auch durch meinen typischen Charakter, meine Erziehung oder erlebten Traumatas so entsetzlich abhängig geprägt, dass ich leider nicht anders kann, als so oder so zu denken, handeln oder zu fühlen. Dies ist Ausdruck einer Unfreiheit, die immer mit den Satzanfängen beginnt: "Ja aber..." . Wer so trieborientiert denkt, der fühlt sich als Gefangener seiner Schicksalsdeterminanten und ist entscheidungsunfähig bzw. fühlt sich unfrei, zu seinem Schicksal überhaupt irgendwie Stellung beziehen zu können. Meistens hört man dann: "Ich kann ja nicht anders, ich bin ja so erzogen worden und bin nichts anderes als das Resultat dieser Determinierung -oder - ich habe ja eine so schlimme Kindheit gehabt, ich kann nicht anders handeln als"... usw...

    Nach diesem Menschenbild ist dann aber auch

    • LIEBE ist nichts anderes mehr als eine Reaktionsbildung - ein Abwehrmechanismus gegenüber unbewußten Haßgefühlen oder zielgehemmte Sexualität.
    • EHRFURCHT nichts anderes als die Projektion einer übermächtigen Vaterfigur in vorgesetzte Personen der Umwelt.
    • OPFERBEREITSCHAFT nichts anderes als eine Abart masochistischer Störungsbilder - usw...

    Wenn man aber die Freiheit eher mit der Zielrichtung eines Willen zum Sinn sieht, kann ich diverse Möglichkeiten erkennen,

    • trotz meines Schicksals in Form von meinem ererbten Charakter,
    • trotz meines Erziehungsmilieus,
    • trotz all meiner erlebten Verletzungen,
    • trotz meiner Stimmungen und
    • trotz meiner vorhandenen Triebe.

    Ich kann plötzlich erkennen, in welchem kleinen oder großen Freiraum ich auch immer Stellung zu meinen Schicksal beziehen kann, was es sonst noch für Werte gibt, WOFÜR ich mich begeistern will oder bereit bin, meine Aufgaben zu verwirklichen.

    Denn menschliches Verhalten wird nicht von diesen oben genannten Bedingungen diktiert, die der Mensch antrifft (oder in die er geboren wird als ein Gefangener seiner Schicksalsdeterminaten), sondern von Entscheidungen, die er selber in seinen erkannten Freiräumen trifft - und das vor allem trotz all seiner Schwächen und Abhängigkeiten, die ihm schicksalshaft gegeben sind.

    Erst durch diese Freiheit, sich für etwas in seinem plötzlich erkannten Freiraum entscheiden zu können, wird man als Mensch verantwortungsfähig und damit zum MITGESTALTER seines Schicksals und sieht sich nicht mehr als das bloße, marionettenhafte OPFER seiner (wie auch immer gearteten) Bedingungen und leidet still vor sich hin!

    Das Leiden am sinnlosen Leben muß aber keineswegs Ausdruck einer seelischen Krankheit sein, es kann vielmehr auch der Ausdruck geistiger Mündigkeit sein.

    Denn im Gegensatz zum Tier sagt dem Menschen kein Instinkt, was er muß, und im Gegensatz zum Menschen in früheren Zeiten sagen ihm keine Traditionen mehr, was er soll, und nun scheint er nicht mehr recht zu wissen, was er eigentlich will. Dies führt dann leider zu dem, was ich oben schon als die Pathologie des Zeitgeistes genannt und begründet habe: eine Sinnleere, die es nun gilt, selbstverantwortlich zu füllen.

    ... und um nochmals den Bogen zum Anfang zu bekommen, möchte ich alles mal kurz und treffend sagen, dass man nicht die Freiheit "hat" – wie irgend etwas, das man auch wieder verlieren kann –, sondern die Freiheit "bin ich" - immer ganz alleine nach dem Motto, wie es die Höhner in ihrem Song zum Handballsieg einmal kreiert haben: Wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn nicht ich, wer sonst? und wer bin ich, wenn ich es nur um meiner selbst tue - ganz im Wollen eines selbstverantworlichen Spannungsfeldes zwischen Sein und Sollen!

    :emojiSmiley-41:Tschööö - Bernie :emojiSmiley-102:

    10 Mal editiert, zuletzt von Bernie (3. Mai 2021 um 18:33)

  • Ich bin jetzt weg von der Tastatur, deswegen habt ihr mich wieder kompakter.

    Entscheidungen, die er selber in seinen erkannten Freiräumen trifft

    Dazu möchte ich später nochmal, mit Tastatur ein Gedankenspiel spielen. Wird kompliziert 😂


    "Ich kann ja nicht anders, ich bin ja so erzogen worden oder habe eine schlimme Kindheit gehabt".

    Wer das behauptet versteckt sich hinter der behauptung: er hat es ja erkannt. Manche müssen aber erstenmal den Ursprung ihres Handelns erkennen: sie wissen es bis dahin nicht besser. Manche wollen den Ursprung ihres Handelns gar nicht erkennen, sie wollen einfach leben und tun und machen.

    Ich kenne diese Aussage Bernie "ich finde keinen Job, weil ich eine harte Kindheit hatte" Er ruht sich darauf aus, anstatt seine harte Kindheit abzutragen, die Trümmer zur Seite zu schieben und etwas aus sich zu machen. Er sucht und findet die, die ihn bedauern und lässt sein Leben an sich vorbeiziehen.

    Edit: Bernie ich lese deine Darstellung wirklich gerne und erkenne dabei auch grob aus welchem Umfeld du kommst(du hast es einfach gemacht und auch niedergeschrieben)

    2 Mal editiert, zuletzt von Illmix (3. Mai 2021 um 18:07)

  • wenn ich z.B. bei Juni lese, "in 90 Prozent der Anwendungsfälle des Wortes "Freiheit" könnte man es aber auch einfach mit dem Wort Egoismus austauschen. - oder: Freiheit ist eine Illusion".....

    Sorry Bernie ,

    das hast du nicht bei mir gelesen. Ich finde es wichtig, auch in Foren, gerade wenn man wie du wahrscheinlich aus alter Gewohnheit,

    bestimmte Gedankengänge und Haltungen, sagen wir mal "annimmst", unterstellen wäre zuviel gesagt

    und doch dabei etwas ins "Lehrerhafte" abdriftest,

    wichtig genau zu lesen und zu zitieren.

  • Bernie

    Trieb und Wille - haben die nicht einen gemeinsamen Ursprung ? Bedürfnisse hat man nun mal, keiner ist ohne. Und jeder Wille ist auch von einem Bedürfnis, einem Trieb geprägt. Und ja, deine "Pathologie des Zeitgeistes" teile ich in weiten Teilen, aber du unterschätzt meiner Meinung nach, wie sehr sich das vermischt und eben nicht klar abgrenzbar ist. Ist der "Wille zum Sinn" nicht letztlich auch nur ein Trieb, der Trieb nach Sinnhaftigkeit z.b. ?

    Mich stört bei deiner Darstellung diese 2-teilung in Trieb und Wille, denn es ist immer eine Mischung von beidem. Der Trieb kann den Willen sehr stark zurückdrängen, genauso wie der Wille den Trieb unterdrücken kann. Aber immer sind beide die Wurzel des Handelns und Denkens. Und beide sind gleich wichtig, ohne den Trieb braucht es keinen Willen, ohne Willen bleibt nur der Trieb. Und auch dem Menschen sagt der Instinkt, was er "muss", der Mensch hört nur nicht mehr ausschließlich auf den Instinkt, sondern auch auf seinen "Willen". Der aber aus dem Instinkt kommt, da wurde er sozusagen geboren. Es ist eben alles eins und nicht das eine oder das andere allein stehend. Und niemand ist immer nur Trieb oder nur Wille, eher im Gegenteil, das ist er nur sehr selten, meistens ist es eine Mischung aus Trieb und Willen, die uns antreibt.

    Und Freiheit ... was genau ist denn gemeint ? Man müsste erstmal einen gemeinsamen Sprachraum definieren, um da zu Ergebnissen zu kommen. Physische Freiheit ist etwas anderes wie mentale Freiheit und beides zusammen nochmal wieder was anderes. Aber alles in einem Topf ergibt immer nur Eintopf. Kann lecker sein, muss aber nicht ;)

    In meinem persönlichen Leben hab ich sehr lange sehr nach Trieben gelebt und nun eher mehr nach "Willen". Dieser Wechsel des "Hauptmotors" hat mich recht nachdenklich gemacht und eine abschließende Bewertung steht noch aus, ich tendiere aber immer noch stark zu "nur beides ergibt Sinn". Und ich ahne immer mehr, das jenseits von Trieb und Willen noch mehr ist, das sich aber nur schwer greifen lässt ;)

    Wissen nutzt nur wenn man es anwendet. :midi36:

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    Es wurde bereits alles gesagt - nur noch nicht von jedem ;) (Karl Valentin)

  • Bielefeld gibt's doch gar nicht

    Leute, Freud ist vielleicht der erste der sich laut mit menschlichen psyche befasst hat, aber er ist schon lange out 😂 Ich deute seine Machenschaften als selbsttheraphieversuche seiner Mutterkomplexe.

    Einmal editiert, zuletzt von Illmix (3. Mai 2021 um 19:14)

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