Auflösung des Bilderrätsels 20.20
Tada! Tusch! Trommelwirbel! Eine euphorisierte Menschenmasse versucht in frenetischem Jubel den Sieger abzuküssen! Gegenstände werden geworfen, Teddybärchen, Schlüpper und und ein Meer aus Blumen umgibt bereits meterdick die Siegestribüne. Durch die Lautsprecher dringt immer wieder jener schicksalhafte Satz, der diesen Tag zu einem unvergesslichen Erlebnis werden ließ:
"Ein Zeigermessinstrument (für Spannung oder Strom) müsste das sein".
Das sagte schnuffi72 in seinem Lösungsansatz und liegt damit zu 99,9 Prozent richtig, hat nur den Widerstand vergessen zu erwähnen, was aber nicht im Geringsten etwas an der perfekten Lösung des Rätsels ändert: es ist ein Ohmmeter.
Herzlichen Glückwunsch schnuffi72, du bist der wohlverdiente und souveräne Sieger dieses doch sehr kniffligen Bilderrätsels!
Hier die Auflösung im Bild (so sieht ein Ohmmeter doch nach etwas ganz Besonderem aus, gell?):
Das Teil hat ja etwas von einem nautischen Instrument eines alten Dampfers, nicht wahr?
Matrose: "Mann auf Brücke?"
Es pfeift.
Herr Kaleun: "Da kommense mal rauf und dampfen uns was. Aber vorher ordentlich die Ohm messen."
Das Ohmmeter ist noch funktionstüchtig und für sein Alter (91 Jahre!) mit kaum Gebrauchsspuren versehen. Sogar die empfindliche Glasscheibe ist original und in einem guten Zustand (transparenter Kunststoff war 1929 gerade erst erfunden worden und besaß noch keine Marktreife). Das Ohmmeter wurde zum Messen von Telefonanlagen benutzt. Dafür war früher die Reichspost zuständig.
Apropos Post. Mal ein wenig Bildungs-Vapoo eingestreut und viel Angeberei: Wer war der erste deutsche Reichspostminister? Na? Weimarer Republik …?
Das war Johann Giesberts (*1865; †1938) und der war tatsächlich ein direkter Verwandter meinerseits, stammte wie alle Giesbertsens aus dem niederrheinischen Kuhdorf Straelen und hatte, wie auch ich, sobald er als Junge/junger Mann selbstständig zu denken begann, das Kaff augenblicklich und auf Nimmerwiedersehen verlassen. Meine Mutter ist eine geborene Giesberts und musste viel länger auf ihre Chance auf ein Exil warten. Für Mädchen/junge Frauen war nämlich das Abhauen früher ungleich schwerer bis vollkommen unmöglich. Sie mussten sich nach auswärts verheiraten. Sogar erwachsene Frauen durften nicht so leben wie sie wollten, denn bis in die 1960er Jahre hinein war es selbst für sie nicht so ohne weiteres möglich, ein eigenes Girokonto bei der Sparkasse im Ort zu besitzen (es gab Ausnahmen, wie bei meiner Tante Sophie, dies blieben aber Ausnahmen). Verheiratete Frauen waren bis 1969 noch nicht einmal geschäftsfähig und ihre Arbeitsverträge konnten bis 1977 von den Ehemännern gekündigt werden - das nur ebkes am Rande erwähnt, von wegen Deutschland habe die Aufklärung schon seit dem Mittelalter hinter sich, Männer und Frauen seien bereits ewig gleichgestellt und das Scharia-Recht läge hunderte Jahre hinter unserem zurück; Pustekuchen, gerade mal 50 Jahre ist es her, da das BGB den Frauen ihre Freiheit noch gesetzlich verwehrt hat und erst 1998 (!) wurde der "Kranzgeld-Paragraph" aus dem BGB gestrichen.
Die Freiheit der Aufklärung, in der wir wie selbstverständlich heute leben, ist ein junges zartes Pflänzchen, das täglich gehegt und gepflegt werden will.
Doch weiter mit der Technik (ich bin ein oller Schwätzer, komme rasend schnell "von et Höcksken auf et Stöcksken").
Erstaunlich ist, dass im Internet kein Bild dieses Ohmmeters zu finden ist. Nur vom Nachfolgemodell 11 Jahre später existiert ein einziges. Und zwar dieses von 1940 als Fortentwicklung: das fragile Glas wurde weitgehend durch Metall ersetzt (Blech statt vorher Edelstahl, was wahrscheinlich der damaligen Kriegssituation geschuldet war und von dem man nach dem Krieg feststellte, dass sich derart prima viel billiger produzieren lässt) und - wir Dampfer*innen kennen es ebenfalls gut, Stichwort Voltdrop, die Stromanschlüsse wurden aus Messing gefertigt. Ansonsten ist das verlinkte Gerät baugleich mit dem auf dem Lösungsbild.
So, ich hoffe, dass trotz dieses ausschweifenden Lösungsthreads das Bilderrätsel ein wenig Spaß gemacht hat. Sollte meine Interpretation fehlender Daumen aber zutreffen (Stand 22:30 Uhr = 0,0) und das Rätsel hat euch dieses Mal nicht gefallen, so tut es mir ausdrücklich leid; es lag nicht in meiner Absicht, Uninteressantes anzubieten.
Schaun wir mal, was uns die nächste Woche beschert, ich habe selber noch keine Ahnung. Aber die Augen beginnen ihre Umgebung schon ziemlich nervös nach Verwertbarem abzusuchen. Bis nächsten Montag also, gehabt euch wohl